Alterungsrückstellungen in der Privaten Krankenversicherung

Von | 27. April 2012

Altersrückstellungen in der PKV

Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung (= GKV) wird in der privaten Krankenversicherung (= PKV) schon bei Kalkulation der Tarife ein zusätzlicher Sparbeitrag für das Alter eingerechnet. Da ein Versicherungsverlauf über 50 und mehr Jahre andauern kann, sind solche Kalkulationen eher mit Kaffeesatzlesen vergleichbar. Dazu muss man sich nur einmal die Beitragssteigerungen der letzten 50 Jahre in der PKV und in der GKV anschauen.

In unserem Gesundheitswesen gibt und gab es nur eine Richtung, Steigerung der Kosten durch „den medizinischen Fortschritt“.

PKV Tarife, die vor 50 Jahren kalkuliert wurden, hatten als Kalkulationsgrundlage die damaligen Sterbetafeln, die jedoch heute veraltet sind. Diese rasante Entwicklung konnte nicht vorausgesehen werden. Der Gesetzgeber musste immer häufiger und in immer kürzeren Zeitabständen regulierend eingreifen, mit mehr oder weniger großem Erfolg. Das Gesundheitssystem behielt in diesem Wettlauf stets die Oberhand.

Es gibt mehrere Gründe für die rapide ansteigenden Beiträge in der Krankenversicherung (=KV). In der GKV wurden Leistungen gekürzt oder sogar ganz gestrichen (Brille, Zahnersatz etc ). Das ist in der PKV ungleich schwieriger, da die Anbieter Leistungen nicht einseitig kürzen oder streichen dürfen. Da bleibt nur das Instrument der Beitragsanpassung nach oben.

Eine schwere Bürde für die private Krankenversicherung war die Gesundheitsreform 1993. Denn mit dieser Reform wurde den Versicherten der PKV der Zugang zur Krankenversicherung der Rentner (= KvdR) in der GKV nahezu unmöglich gemacht, da die Hürden für einen Wechsel unüberwindbar hoch gelegt wurden. Damit begannen die ersten ernsthaften Probleme der PKV.

Zum besseren Verständnis sei erläutert, dass die meisten PKV Versicherten mit Eintritt ins Rentenalter aus der PKV in die Krankenversicherung der Rentner (= KvdR) wechselten. Das hatte für die GKV den Nachteil, dass sie die alten Risiken in der Solidargemeinschaft mittragen musste. Für die PKV war es ein Riesenvorteil, da sie gerade die Risiken, die statistisch gesehen die höchsten Kosten verursachen, auf einen Schlag los war. Also brauchte sich die PKV bis dahin nicht wirklich mit dem Problem der tatsächlich benötigten Alterungsrückstellungen zu befassen.

Das brachte einige PKV’s ins Wanken. Da die meisten PKV Anbieter mehrere Tarifwerke anboten, versuchten sie, ihre Lage zu verbessern, indem neue Tarifwerke kalkuliert und auf dem Markt angeboten wurden. Die Tarife der alten Verträge bestanden zwar noch, wurden aber faktisch nicht mehr verkauft, da die Beiträge für diese Tarife am Markt keine Chance mehr hatten. Das hatte natürlich fatale Folgen für die in den alten Tarifen verbliebenen Versicherten, sie wurden älter und auch kranker und mussten die steigenden Kosten im Gesundheitswesen tragen, ohne dass junge und gesunde Risiken nachkamen. Dies wird auch als sog. ‚Tarifvergreisung‘ bezeichnet.

Hier war erneut der Gesetzgeber gefordert. Der griff auch ein mit dem Paragrafen 178 Versicherungsvertragsgesetz (heute § 204), der den Versicherten die Möglichkeit bot, innerhalb der eigenen Gesellschaft in einen anderen Tarif zu wechseln, ohne erneute Gesundheitsprüfung und ohne Erhebung eines Risikozuschlages und unter Mitnahme der bisher erworbenen Alterungsrückstellungen. Ausserdem wurden die PKV’en angehalten, einen Standardtarif anzubieten, der für bestimmte Versicherte zugänglich sein musste. Sowohl der Standardtarif als auch der Basistarif sind für den Versicherten die wohl schlechteste Lösung.

Der nächste grosse Eingriff wurde mit dem Gesundheitsstrukturreformgesetz im Jahr 2000 durch den Gesetzgeber für die PKV vorgegeben. Ab diesem Zeitpunkt war jeder in der PKV Versicherte verpflichtet, einen zehnprozentigen Zuschlag als individuelle Alterungsrückstellung zu bilden. Aber auch diese Massnahme griff zu kurz. Die Beitragssteigerungen waren nicht aufzuhalten. Durch die Gesundheitsreform im Jahre 2009 wurden die Möglichkeiten eines Wechsels von der PKV in die GKV weiter erschwert. Wer älter als 55 Jahre ist, dem ist ein solcher Wechsel seit diesem Zeitpunkt verwehrt. Ausserdem wurde eine Krankenversicherungspflicht für alle eingeführt.

Für Versicherte der PKV, die älter als 40 Jahre sind, ist ein Wechsel von einer PKV in eine andere in der Regel nicht mehr sinnvoll, da er ein höheres Eintrittsalter hat und seine bisher erworbenen Alterungsrückstellungen verliert.