Niedriger Blutdruck (Hypotonie)

Niedriger Blutdruck (Hypotonie) (s. auch Müdigkeit)

von Dr. med. Mathäus Fehrenbach (Facharzt für Allgemeinmedizin, Badearzt, Naturheilverfahren)

Der niedrige Blutdruck ist meist keine gesundheitliche Störung, sondern eine körperliche Eigenart, ein Garant für ein langes Leben. Wie tief darf ein Blutdruck sinken, um nicht als Krankheitszeichen zu gelten? Beim weiblichen Geschlecht ist die unterste Grenze 95/60, beim männlichen 105/70. Wenn Menschen mit diesen Blutdruckwerten beschwerdefrei sind, dann sollte ärztlicherseits kein Wort darüber verloren werden, damit nicht das Stigma eines zu niedrigen Blutdrucks suggeriert wird. Als Arzt pflege ich bei niedrigen Blutdruckmesswerten festzustellen: »normal niedrig«. Bei Älteren mit einem Blutdruckwert von 120/80 gebrauche ich den Ausdruck »idealer Blutdruck für jedes Lebensalter«!

Wie bereits unter »hohem Blutdruck« beschrieben, kann ein niedriger Blutdruckwert für seinen Besitzer ein unbequemer Begleiter sein: Antriebsarmut, Kopfschmerzen, Schwindel und Flimmern vor den Augen sind die häufigsten Beschwerden.

Das medikamentöse Angebot an Blutdruck anhebenden Mitteln ist riesengroß. Freimütig bekenne ich, daß ich davon nur ganz selten Gebrauch mache. Die Möglichkeiten der Naturheilkunde sind ausreichend, um die meist harmlosen Beschwerden in den Griff zu bekommen.

Kneipp:

Tgl. Ganzwaschung; Wechselarmguss und Wechselarmbad mit Rosmarin. Wöch. 2x 3/4-Bad mit Rosmarin, anschl. Ganzwaschung oder Abguss.

Allgemeine Maßnahmen:

Wie unter Abhärtung beschrieben; sportliche Betätigung ohne Übertreibung; an heißen oder schwülen Sonnentagen nur leichte körperliche Tätigkeit; Schwimmen, Obergrenze der Wassertemperatur 26°.

Diät:

normale, abwechslungsreiche, gemischte Kost.

Tee:

Weißdorn

Schafgarbe

Kamille

Rosmarin

Thymian          aa ad 100,0

Tgl. 3×1 Tasse; überbrühen, 10 Min. ziehen lassen.

Homöopathie:

Crataegus                    0

Convallaria                 D4

China                          D2

Kalium carbon.           D4 aa ad 40,0

Tgl. 3×15 Tr.

Beachte:

Eine Sonderform des niedrigen Blutdruckes bedarf noch der Erwähnung. Es ist die orthostatische Hypotonie mit Schwindel. Nach längerem Stehen sackt das Blut nach unten ab. Es kommt zu einer relativen Minderdurchblutung regulativer Gehirnzentren mit Schwindel, erhöhtem Puls bis Herzklopfen und sogar kurzzeitiger Ohnmacht. Das Umsinken ist eine Selbsthilfemaßnahme des Organismus, da in horizontaler Lage das Gehirn wieder ausreichend mit Blut versorgt wird.

Dieses eigenartige Krankheitsbild findet sich vorwiegend bei schlanken, zartwüchsigen Frauen mit deutlichen Zeichen nervös-vegetativer Übererregbarkeit. Eine Venenschwäche beider Beine verstärkt das Auftreten der beschriebenen Symptome. Zwar leidet die Lebensqualität unter den lästigen Beschwerden, aber es erwachsen aus dieser Sonderform der Hypotonie keine lebensbedrohlichen Situationen. Auch wenn die plötzliche Ohnmacht auf die Umgebung bedrohlich wirkt, besteht doch keine vitale Gefahr. Allerdings kann es durch den Sturz Verletzungen kommen, besonders wenn der Kopf auf eine harte Unterlage aufschlägt. Im Zweifelsfalle immer den Arzt rufen! Die erste und beste Hilfsmaßnahme ist das Hochlagern der Beine beim bereits liegenden Patienten. Ein kleiner Tisch, eine Kiste oder ein umgekippter Stuhl leisten provisorische Hilfsdienste. Ist kein Gegenstand zur Hand, dann kann auch eine Hilfsperson die Beine hochnehmen, bis das Bewusstsein, meist schon nach Sekunden, wiederkehrt.  Als Kreislaufstütze empfiehlt sich die Gabe der altbewährten Hoffmannstropfen (eine Mischung von 1 Teil Äther und 3 Teilen Weingeist): 20 Tropfen in etwas Wasser oder Korodin 5 Tropfen pur. Für die Langzeitbehandlung gelten alle Maßnahmen, die unter niedrigem Blutdruck beschrieben sind.

Vorsorgemaßnahmen:

Langes Stehen bei Versammlungen oder in Kirchen ist unbedingt zu vermeiden. Vorsicht mit Wechselknie-, Wechselschenkel- und Wechselunterguss! Diese Güsse  können mit ihrem Warmanteil, ebenso wie die Warmdusche, den Kreislauf vorübergehend destabilisieren. Nach einem Bad nur langsam aufstehen! Es empfiehlt sich, so lange in der Wanne zu bleiben, bis das Wasser abgelaufen ist.

Auch beim morgendlichen Aufstehen soll nur langsam die Lage verändert werden, damit sich die venösen Blutgefäße im unteren Bereich des Körpers langsam an die Umverteilung des Blutes gewöhnen können.

Blutdruck,  seine Messung und Bedeutung

Den Blutkreislauf des menschlichen Körpers  müssen wir uns als geschlossenes Schlauchsystem unterschiedlichen Kalibers vorstellen. Die großen Arterien, darunter die Aorta, verzweigen sich in immer kleinere Blutgefäße bis in das unübersehbare Netz der Kapillaren, der Haargefäße. Von dort aus sammelt sich das Blut wieder in den feinsten Venen und findet dann den Weg zurück zum Herzen über die größer werdenden Hauptvenenstämme, die unteren und oberen Hohlvenen.

Das Herz ist die in dieses System eingebaute Pumpe, die in regelmäßiger Schlagfolge einen kontinuierlichen Blutumlauf unterhält. Jede Pumpe erzeugt einen Druck, mit dem das flüssige Gut transportiert wird. Das Herz ist demgemäß eine muskuläre Pumpe, die den kostbarsten Saft der Welt, das Blut, in die Peripherie des Körpers befördert. Wir unterscheiden im Drucksystem des Blutkreislaufes zwischen dem arteriellen und dem venösen Anteil. Während sich im arteriellen Teil der Blutgefäßverzweigung die Pumpkraft des Herzens noch voll auswirkt, wobei sich zur Peripherie hin der Blutdruck vermindert, ist im venösen Teil des Blutkreislaufes die »vis a tergo«, die Kraft von hinten; so gut wie aufgebraucht. Das venöse Blut wird durch Saug- und Sogwirkung mit nur geringem Druck zum Herzen zurückbefördert.

Wenn in der Umgangssprache der Mediziner vom Blutdruck die Rede ist, dann bezieht sich dieser Druck stets auf das arterielle System des Blutkreislaufes. Auch die übliche Blutdruckmessung nimmt den Druck von der Arterie am linken oder am rechten Arm ab. Das Fühlen des Pulses an der Daumenseite des Handgelenkes, eine Standarduntersuchung vieler Ärztegenerationen, war die ursprüngliche Methode, sich über den Blutdruck, die Herzkraft und die Regelmäßigkeit des Herzschlages zu orientieren. Auch heute noch ist das Pulsfühlen eine unerlässliche Schnellmaßnahme, um sich, besonders in Notfällen, einen raschen Überblick über die jeweilige Kreislaufsituation zu verschaffen.

Riva Rocci, ein Kinderarzt aus Pavia, erfand 1895 das auch heute noch gebräuchliche Gerät zur Blutdruckmessung, das aus einer aufblasbaren Oberarmmanschette, die mit einem Quecksilbermanometer verbunden ist, besteht. Die Technik des Messens ist denkbar einfach. Zunächst wird nach Anlegen und Aufpumpen der Manschette ein sog. Außendruck erzeugt, bis der Puls am Handgelenk verschwindet. Durch Bedienung eines Ventils wird dann die Luft aus der Manschette abgelassen, wobei sich die Quecksilbersäule langsam nach unten bewegt. durch Auskultation (Abhören) mittels eines Hörschlauches, des Stethoskopes, an der Innenseite des Ellenbogens wird dann festgestellt, bei welchem Manometerstand das Gefäßgeräusch – ein gleichmäßiges Klappen entsprechend dem Puls – anfängt und aufhört. Zwei Messwerte auf der Manometerskala geben die Blutdruckspanne an. Wir sprechen vom systolischen und diastolischen, dem oberen und unteren Druckwert.

Mit der Herztätigkeit ergießt sich bei jedem Herzschlag ein Schwall Blut in die Peripherie. Demgemäß kann sich das Blut, dem Gesetz der Pumptechnik folgend, im arteriellen Schlauchsystem nicht gleichmäßig fortbewegen. Mit jedem Herzschlag erhöht sich der Blutdruck in den großen Arterien, während er in der Arbeitspause des Herzens wieder absinkt. Dieser mit jedem Herzschlag wechselnde Blutdruckunterschied kann mit dem Blutdruckgerät nach Riva Rocci festgestellt werden. Erst in den kleinen und kleinsten Blutgefäßen nimmt der Blutstrom einen gleichmäßig fließenden Charakter an.

Die Höhe des Blutdruckes wird in mm Hg (Quecksilber) gemessen. Der Blutdruck eines jungen Mannes z.B. soll ca. 110/70 betragen. 110 ist dabei der obere und 70 der untere Wert. Die Spanne zwischen systolischem und diastolischem Wert wird als Amplitude bezeichnet und beträgt bei unserem Beispiel 40 mm Hg. Die Höhe eines Blutdruckes wird jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch nur mit einem Wert, dem systolischen, also dem oberen Wert, angegeben.

Es kursiert das Schlagwort, der Blutdruck entspreche dem Alter und betrage 100 plus Anzahl der Jahre. Wie bereits erwähnt, wird dabei der untere, der diastolische Wert gar nicht genannt, weil man von der Voraussetzung ausgeht, daß er normal unter 100 mm Hg liegt. Dieser Rechenmodus ist nur zum Teil richtig. Mit dem Altwerden erhöht sich der Blutdruck zwar, allerdings nicht parallel mit der Anzahl der Jahre.

Zum besseren Verständnis sollen einige Grundregeln zur Beurteilung des Blutdrucks vorgegeben werden.

1.         Die Amplitude des Blutdruckes, die Spanne zwischen oberem und unterem Wert, soll mindestens 40 mm Hg betragen, kann aber besonders mit Anzahl der Jahre bis auf 70 mm Hg und mehr ansteigen.

2.         Ein Blutdruck von 120/80 mm Hg ist in jedem Alter ideal.

3.         Der Blutdruck soll in keinem Alter 160/90 mm Hg übersteigen. Wird dieser Wert bei wiederholten Messungen überschritten, dann ist der Einsatz eines Medikamentes notwendig.

4.         Von einem anormal niedrigen Blutdruck kann erst dann gesprochen werden, wenn beim Mann der obere Wert von 105 und bei der Frau von 95 mm Hg unterschritten wird, vorausgesetzt, daß keine Beschwerden bestehen.

5.         Der untere, der diastolische Blutdruckwert soll 90 mm Hg in keinem Alter überschreiten.

6.         Der Blutdruck ist keine feststehende Größe. Bereits kleine Emotionen, Gemütsspannungen, ängstliche Erwartungen, körperliche Bewegung, Aufnahme größerer Flüssigkeitsmengen, Nikotin und Alkohol können den Blutdruck um 20 bis 30 Teilstriche erhöhen.

7.         Die erste Messung beim Arzt (Erwartungsspannung!) ist immer die höchste. Weitere Messungen in kleinen Zeitabständen ergeben erst den richtigen Wert. K.

8.  Die Anschaffung eines Blutdruckmessgerätes zum Selbstmessen ist immer dann notwendig, wenn wegen des erhöhten Blutdruckes Medikamente eingenommen werden müssen. Geräte in praktischer Handhabung werden vom Fachhandel angeboten.

9. Ein niedriger Blutdruck ist trotz zeitweiliger Beschwerden für die vitale Funktion des Organismus ungefährlich. Auszunehmen ist natürlich der akute Blutdruckabfall in Notfallsituationen.

10. Ein hoher Blutdruck gehört zu den gesundheitlichen Risikofaktoren, wobei das Gehirn mehr gefährdet ist als das Herz. Häufig wird in der ärztlichen Praxis berichtet, daß ein bisher niedriger Blutdruck in hohe Messwerte umgeschlagen sei. Zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr entscheidet sich der Blutdruck, wo die Reise hingeht. Entweder  bleibt er das ganze Leben lang in niedrigen Regionen, oder er passt  sich mit höhnen Werten der Anzahl der Jahre an. Wahrscheinlich resultiert aus diesem relativ häufigen Blutdrucksprung von unten  nach oben die bereits erwähnte Faustregel, daß sich der obere Messwert nach dem Alter richte.

Verfasser:
Dr. med. Mathäus Fehrenbach
(Facharzt für Allgemeinmedizin, Badearzt, Naturheilverfahren)

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